Tunesien hat erneut gewählt, und erneut haben sich die Tunesierinnen und Tunesier kaum für die Wahlen interessiert. Präsident Sayeds Projekt hat definitiv den Rückhalt in der Bevölkerung verloren. Und die Lage wird immer kritischer. „La situation est d’une gravité extrême et s’approche dangereusement du point d’ébullition et de l’effondrement budgétaire et social“, sagt der ehemalige Botschafter Tunesiens in Deutschland in seinem Facebook-Post vom 30. Januar, Elyes Kasri. Eine ähnlich niederschmetternde Analyse unternimmt der tunesische Schriftsteller Haythem Guesmi: „Despite abundant evidence, Saied appears oblivious to the warning signs of a looming social explosion – an explosion that will undoubtedly topple his dictatorship.“ Die beiden Analysten kommen zu einem ähnlichen Schluss, obwohl sie vermutlich von ihrem beruflichen Hintergrund und ihrer Weltsicht her sehr verschieden sind. Ob allerdings die Hoffnungen auf eine „neue Revolution“, die den wirklichen Durchbruch bringen soll (Guesmi) berechtigt sind, wage ich zu bezweifeln.
https://www.aljazeera.com/opinions/2023/1/30/tunisias-democratic-backsliding-its-the-economy-stupid