Mehr als eine symbolische Geste?

Deutschland hat an diesem Wochenende 47 Kinder und Jugendlichen aus griechischen Flüchtlingslagern aufgenommen. Die Bundesregierung will in den kommenden Wochen insgesamt 500 Jugendliche aufnehmen, andere europäische Staaten – auch die Schweiz – weitere 1100. 
47 Jugendliche – das ist in der Tat eine beschämend kleine Zahl, gemessen an den insgesamt rund 4500 unbegleiteten Kindern und Jugendlichen, die laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk auf den Inseln Chios, Lesbos und Samos vegetieren. Soll man Länder wie die Schweiz oder Deutschland dennoch loben, dass sie – in diesen schwierigen Corona-Zeiten – immerhin zu einer eher symbolischen Geste bereit waren? Oder handelt es sich eher um eine medienwirksame Aktion, die die das schlechte Gewissen eines Teils der europäischen Öffentlichkeit über diese grässliche Situation auf Lesbos und den anderen Inseln beruhigen soll?
Klar scheint mir, dass alle rund 45’000 Flüchtlinge und Migranten so rasch als möglich von den Inseln evakuiert werden müssen. Tut dies die EU nicht, so verletzt sie auf krasse Weise ihre eigene Werte und Minimalstandards.
Doch diese Evakuation ist realpolitisch nur möglich, wenn die See- und Landgrenzen zwischen Griechenland und der Türkei zumindest für den Moment gesichert sind. Denn andernfalls ist damit zu rechnen, dass innert kürzester Zeit wieder tausende neuer Flüchtlinge auf diesen Inseln anlanden werden. – Ein Abkommen mit der Türkei ist deshalb für den Moment unabdingbar – ein unglaubliches Dilemma, dem sich auch Flüchtlings- und Asylorganisationen stellen müssen. (19.4.2020)