Genau zehn Jahre sind seit der Flucht von Ben Ali vergangen. Ich erinnere mich genau daran. Im Zug nach Genf, gegen vier Uhr nachmittags, trafen Meldungen ein, dass sich Minister und hohe Funktionäre und vom Präsidenten abgesetzt hätten. Wenig später machten erste Gerüchte von einer Flucht Ben Alis ins Ausland die Runde. Als Nachrichtenagenturen die Flucht bestätigten, war die Begeisterung in Tunesien unermesslich. Einer grösstenteils friedlichen Protestbewegung war es gelungen, sich eines Autokraten und dessen räuberischer Familie zu entledigen. Diese Begeisterung spürte ich auch im Flug von Genf nach Tunis und bei der Landung in Tunis-Carthage, wo die Menschen spontan die Nationalhymne anstimmten. Obwohl Schüsse im Stadtzentrum daran erinnerten, dass die «Revolution» noch nicht gesichert war, dominierte Begeisterung über den weitgehend friedlichen Machtwechsel die Stimmung im Land. – Heute, zehn Jahre später, sieht die Lage deutlich anders aus. Von Begeisterung ist kaum mehr etwas zu spüren. Es ist allerdings nicht einfach, eine Bilanz der vergangenen zehn Jahre vorzunehmen: Die äusserst schwierige wirtschaftliche Lage und die Folgen der Corona-Pandemie verstellen den Blick auf das Erreichte (©Foto BST)