Karin Wenger zeichnet in ihrem Bericht akkurat auf, wie ein junger Tunesier via Istanbul und Belgrad auf die so genannte Balkanroute gelangte. Von dort aus überwand er mithilfe eines Schleppers die Grenzzäune zwischen Serbien und Ungarn und gelangte so nach Österreich. Von da an ging es völlig problemlos weiter nach Paris. – Neu ist die Route allerdings nicht; schon seit Jahren ist es für maghrebinische Migranten möglich, ohne Visum nach Istanbul zu fliegen und von dort aus auf dem Landweg oder via Serbien auf die Balkanroute zu gelangen. Schon im Jahr 2012 traf ich in meinem Hotel in Istanbul zahlreiche junge Marokkaner an, die auf solche Weise emigrieren wollten. Bloss die EU hat es offenbar nicht gemerkt… Neu ist, dass sich das Profil der «Harraga», der tunesischen Migranten, in den letzten fünf Jahren deutlich geändert hat. «Avant, c’était essentiellement un jeune homme, déscolarisé, un peu voyou et aventureux», schreibt die Journalistin Ikhlas Latif. «Aujourd’hui, on voit de tout. Des élèves, des sportifs, des étudiants, des fonctionnaires, des ouvriers, des couples, des familles avec enfants et bébés et animaux de compagnie, des femmes enceintes, des jeunes, des moins jeunes…». Bei einer Neuauflage meines 2018 recherchierten Buchs («Maghreb, Migration und Mittelmeer») werde ich dies berücksichtigen müssen. (Foto ©Infomigrants)
https://www.nzz.ch/international/schlepper-routen-wie-ein-tunesier-nach-paris-reiste-ld.1709214?