Auf der Strasse

Am vergangenen Samstag sind zehntausende von Anhängerinnen und Anhängern der islamistischen Partei Ennahda in Tunis auf die Strasse gegangen, um Präsenz zu markieren. Laut meinem Informanten schützten sich die Demonstranten dabei kaum mit Masken. Zwei Wochen zuvor hatte die Volkstribunin Abir Moussi von der Partei PDL ihre Anhänger ebenfalls zu einer Demonstration aufgerufen – auch dort waren die Maskenträgerinnen eine verschwindende Minderheit. Es ist kaum nachvollziehbar, dass die tunesische Regierung diese Demonstrationen zugelassen hat. Denn Tunesien ist auf eine halbwegs erfolgreiche Tourismussaison dringend angewiesen, damit sich die eh schon prekäre Wirtschaftslage nicht noch weiter verschlimmert. Am beunruhigsten ist aber, dass diese Aufmärsche fatal ans alte Regime erinnern. Die Menschen wurden mit Bussen nach Tunis und Sousse gekarrt und erhielten offenbar auch einen Geldbetrag für die Teilnahme. Doch nicht nur das: Auch der Personenkult feiert wieder Urständ. «Autre similitude entre les partis destourien et islamiste : le culte de la personnalité. Aussi bien à Sousse qu’à Tunis, tout a été fait pour encenser le leader et le porter aux nues », schreibt der Kolumnist Sofiene Ben Hamida in der Zeitung Business News. Viele Beobachter sehen in diesen Aufmärschen und weiteren Phänomenen Indizien für eine Rückkehr des alten Systems und befürchten, dass sich die politische Krise in Tunesien noch weiter zuspitzen wird.

https://www.businessnews.com.tn/Une-manifestation-%C2%AB-tous-frais-pay%C3%A9s-%C2%BB-et-apr%C3%A8s,523,106297,3