Hanau

Die Terrortat von Hessen ist ein grauenhafter Akt eines Rechtsextremen. Sie ist kategorisch zu verurteilen. Dass der Täter – ein „rassistischer einsamer Wolf“ (NZZ) – offensichtlich Wahnvorstellungen hatte und möglicherweise auch psychisch krank war, schafft eine Parallele zu zahlreichen islamistischen Attentätern, die ebenfalls psychisch angeschlagen waren.
Es gilt nun sehr genau hinzuschauen und die Milieus auszuleuchten, in denen sich dieser Täter bewegte. Rechtsextremes Gedankengut ist in gewissen Kreisen salonfähig geworden. Dem ist mit grösster Entschiedenheit entgegenzutreten; vor allem in einem Land wie Deutschland, das aufgrund seiner Vergangenheit eine besondere Verantwortung hat. Bekämpft werden müssen die abstrusen Verschwörungstheorien und Ideologien, die auf so genannt sozialen Medien zirkulieren. Hier ist, wie Dunja Ramadan in der Süddeutschen Zeitung richtig schreibt, eine Saat aufgegangen. Eine Saat, die nie hätte aufgehen dürfen.

Die furchtbare Tat ist auch ein Angriff auf die Idee einer Gesellschaft, in der es möglich sein soll, dass Menschen mit unterschiedlichem kulturellen und religiösen Hintergrund friedlich zusammenleben. Es ist verständlich, dass sich nun – vor allem unter Menschen mit Migrationsgeschichte und unter Muslimen – Angst, Wut und Unsicherheit breit ausbreitet.

Vieles ist zurzeit noch unklar. Vieles wird wohl in den kommenden Tagen und Wochen noch klarer werden, manches möglicherweise auch nicht.

Von grösster Bedeutung scheint mir, dass alle Ideologien, die den Prinzipien von freiheitlichen, demokratischen Gesellschaften widersprechen, konsequent geächtet und bekämpft werden. „Die Ideologien unterscheiden sich, der Vernichtungswahn bleibt derselbe», schreibt Eric Gujer in seinem Kommentar richtig. Er weist auch darauf hin, dass die Neonazis in einer Art Dialog mit den islamistischen Gewalttätern stehen. Über dieses Verhältnis hat Gilles Kepel in seinem Buch „Der Bruch – Frankreichs gespaltene Gesellschaft“ kenntnisreich geschrieben. Rechtsextreme aller Couleurs und radikale Islamisten bilden zurzeit die beiden Pole; beide suchen gewalttätige Lösungen und den grossen „Durchbruch“. Ein Bruch, so meint Kepel, an dem unsere europäischen Gesellschaften kaputt gehen könnten.